Tara & Täterä

Wachsen | Nachdem Anna-Lena neulich bei uns bei Fünf Bücher noch mal Playing Big von Tara Mohr empfohlen und mir persönlich versichert hat, dass ich auch ohne die Sache mit der Visualisierung (an der ich bis jetzt schon vier Mal gescheitert bin) hinzubekommen auf jeden Fall weiterlesen sollte, bin ich also wieder in mein Audibook eingestiegen. Das Fazit an Tag 2 ist: Wow, woher kennt diese Frau mich und meine ausgeklügelten Vermeidungstaktiken, wenn es darum geht, mich selbst in den Fokus zu stellen? (Und wie würde man “playing big” eigentlich vernünftig auf Deutsch übersetzen?) Ich fühle mich einerseits übelst ertappt, andererseits aber auch befreit und emutigt, den Quatsch sein zu lassen und mich stattdessen Ernst und wichtig zu nehmen. Das Buch ist mindblowing und das passiet mir jetzt mit Büchern dieser Art nicht wirklich oft. Lesen, Ladies!

Große Fragen | Heute habe ich eine spannende Unterhaltung darüber geführt, was im Leben wichtig ist oder scheint. Und wie sich die eigene Wahrnehmung von Prioritäten über die Jahre hinweg verändert. Zwischen 20 und 30 – so jedenfalls meine Erfahrung, war es mir extrem wichtig, meinen Impulsen nachgehen zu können und mich intellektuell auszutoben. Ich habe vor Bologna studiert und hatte und ließ mir für mein Magisterstudium alle Zeit der Welt. 1. Semester: Regionalwissenschaften Nordamerika, Anglistik, Strafrecht, 2. Semeter: Regionalwissenschaften Nordamerika, Spanisch, Ethnologie, 8. Semester: Regionalwissenschaften Nordamerika, Spanisch, Politik. Ein Auslandspraktikum. Und irgenwie landete ich bei 16 Semestern. Nicht wenig, für die Zeit aber nicht mal außergewöhnlich viel. Nach den ersten Jobs setzte dann Mitte 30 das große Kribbeln ein: Karriere wäre jetzt super. Ordentlich Geld verdienen. Sich was leisten können. Schließlich hatte ich lange genug wie eine Studentin gelebt. Das kam dann auch, jedenfalls quasi und mit einigen geschlagenen Haken. Das kleine Familiengründen lief parallel. Zwar machte die Karriere kleine elternzeitbedingte Zwischenstopps, aber das Ziel blieb dasselbe. Es musste immer weiter (nicht unbedingt immer höher, aber weiter!) gehen, alles andere machte mich unruhig. Jetzt bin ich Mitte 40 und merke, dass Ruhm und schnöder Mammon mich nicht mehr wirklich motivieren. Ob das die klassische Lebensmittenkrise ist? Es könnte sein, ist aber eigentlich auch egal. Aber in erster Linie ist es eine sich immer weiter schärfende Erkenntnis, dass ohne das wärmende Glücksgefühl, das von ganz tief innen kommt, irgendwie doch alles nichts ist. Und während ich das jetzt Stück für Stück für mich erobere, wächst gleichsam auch die Neugier, was mich wohl in den 50ern so umtreiben wird.

Du musst das Leben nicht verstehen

Du musst das Leben nicht verstehen
Berlin-Wilmersdorf
Du musst das Leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein Fest.
Und lass dir jeden Tag geschehen
so wie ein Kind im Weitergehen
von jedem Wehen
sich viele Blüten schenken lässt.


Sie aufzusammeln und zu sparen,
das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
Es löst sie leise aus den Haaren,
drin sie so gern gefangen waren,
und hält den lieben jungen Jahren
nach neuen seine Hände hin.

Rainer Maria Rilke

Dichtung | Ich bin nicht sicher, ob ich schon mal erwähnt habe, dass ich Lyrik mag. Nicht kategorisch und nicht jede, aber doch, ja – ich lese gerne schöne Gedichte. Am liebsten übrigens die von Erich Fried oder Rainer Maria Rilke oder die Klassiker.

Alaaf | Auf dem Weg nach Osnabrück werde ich morgen wieder den obligatorischen Halt im Rheinland machen und ich werde es vermutlich sehr merkwürdig finden, Weiberfastnacht im Auge des Orkans zu verbringen und dort statt an der Theke am Schreibtisch zu sitzen. Ich erwäge als Kompromiss, dabei eine rote Pappnase und geringelte Socken zu tragen. Oder ein Einhornkostüm. Mal sehen.

Titelbild: Mark Glancy via Pexels.

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